Das Kontrollbüro und die Wundermaschine

Wie Basel-Stadt in den 1960er Jahren das Einwohnermeldewesen digitalisierte

Publikation
Autor:innen
Zugehörigkeit

Cristina Wildisen-Münch

Universität Basel

Nico Görlich

Universität Basel

Moritz Mähr

Universität Basel

Veröffentlichungsdatum

7. Juni 2022

Hinweis

Beim folgenden Text handelt es sich um eine Zusammenfassung der Data Story “Das Kontrollbüro und die Wundermaschine” (2022). Die vollständige Geschichte ist als interaktive Online-Geschichte verfügbar oder als PDF verfügbar.

Die Data Story “Das Kontrollbüro und die Wundermaschine” wurde vom Forschungsdatenmanagement- und Public-History-Team von Stadt.Geschichte.Basel für Workshops und das Online-Portal entwickelt. Sie thematisiert die Einführung der elektronischen Datenverarbeitung in der Verwaltung des Kantons Basel-Stadt und zeigt deren Auswirkungen auf das Einwohnermeldewesen und die frühe Digitalisierung des Staates.

Hintergrund der Geschichte

Ende der 1960er Jahre hielt der Computer Einzug in die Basler Verwaltung. Inspiriert von utopischen Zukunftsvisionen sollte die sogenannte “Wundermaschine” die Verwaltung effizienter machen. In dieser Zeit begannen das Kontrollbüro (heute Einwohneramt) und die Zentralstelle für elektronische Datenverarbeitung (ZED), die analogen Einwohnerregister zu digitalisieren. Ziel war es, die über 200.000 Einwohner*innen des Kantons digital zu erfassen und eine moderne, vernetzte Verwaltung aufzubauen.

Diese Digitalisierung brachte tiefgreifende Veränderungen mit sich:

  • Effizienzsteigerung: Behördliche Prozesse wurden automatisiert.
  • Datenverwaltung: Neue zentrale Datenbanken entstanden.
  • Politische Diskussionen: Die Kontrolle über digitale Daten führte zu Debatten über Datenschutz und Bürgerrechte.

Schlüsselmomente der Data Story

  1. Die Expo 1964 als Wendepunkt
    • Auf der Schweizer Landesausstellung stellte IBM einen Grossrechner zur Verfügung, um die “Swissness” der Besucher*innen anhand von Fragebögen auszuwerten.
    • Der Einsatz eines Computers in einer öffentlichen Befragung war eine Sensation und machte die Technologie greifbarer.
  2. Erste Computer in der Basler Verwaltung
    • 1969 begann Basel-Stadt als erster Schweizer Kanton, das Einwohnerregister digital zu erfassen.
    • Die Verwaltung erhoffte sich eine effizientere Bearbeitung von Einwohnermeldungen, Bewilligungen und statistischen Erhebungen.
  3. Die “Revolution” im Kontrollbüro (1973)
    • Einführung von 26 Bildschirmterminals und 14 Schnelldruckern.
    • Die Arbeitsabläufe veränderten sich fundamental, Personal musste umgeschult werden.
    • Suchvorgänge wurden schneller und Verwaltungsdokumente konnten in Sekunden gedruckt werden.
  4. Die neue Macht der Datenbanken
    • Eine zentrale Verwaltungsdatenbank ermöglichte Vernetzung zwischen Behörden.
    • Behörden definierten, welche Daten gespeichert und genutzt wurden.
    • Die Diskussion über Datenschutz begann – führte letztlich 1997 zum ersten Schweizer Datenschutzgesetz.

Digitale Vermittlung: Umsetzung der Data Story

Die Data Story wurde als interaktive Online-Geschichte konzipiert und verwendet:

  • Visualisierte Daten: Historische Statistiken über Bevölkerung, Migration und Verwaltungsausgaben.
  • Interaktive Karten: Georeferenzierte Darstellungen der Verwaltungsstandorte.
  • Audiovisuelle Inhalte: Archivfotos, computergestützte Verwaltungssysteme, Musik (z. B. France Galls “Der Computer Nr. 3” als kultureller Verweis).

Bedeutung für das Forschungsdatenmanagement

Die Data Story zeigt beispielhaft, wie historische Forschungsdaten in narrative digitale Formate überführt werden können. Sie dient als Modell für zukünftige digitale Vermittlungsprojekte und kombiniert Datenvisualisierung, interaktives Storytelling und historische Forschung.

Die Ergebnisse fliessen in die digitale Plattform von Stadt.Geschichte.Basel ein und werden in Workshops zu Data Storytelling als Best-Practice-Beispiel verwendet.

Autor*innen & Entwicklung

Die Data Story wurde von:

  • Cristina Münch (Bilddaten & Literaturverwaltung)
  • Nico Görlich (Geodaten & Statistik)
  • Moritz Mähr (Forschungsdatenmanagement & digitale Vermittlung)

entwickelt und in Workshops an der Universität Basel getestet.

Fazit

“Das Kontrollbüro und die Wundermaschine” erzählt eine Schlüsselgeschichte der frühen Digitalisierung in der Schweiz. Sie zeigt, wie Technologie die Verwaltung veränderte, welche neuen Möglichkeiten entstanden – und welche gesellschaftlichen Herausforderungen damit verbunden waren.

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